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    Mut zum eigenen Leben – Berlinale-Sektion “Generation”

    By Manfred Hobsch | April 17, 2012

    Seit 35 Jahren zeigt die Berlinale Filme für Kinder, was 1978 noch mit medienpädagogischem Ansatz begann, hat sich zu einer eigenständigen Sektion entwickelt: Zuerst hieß die Reihe „Kino für Leute ab sechs“, dann „KinderFilmFest“ und 2007 wurde sie in „Generation“ umbenannt.

    Unter dem Dach von „Generation“ gibt es mit „kplus“ nicht nur Filme für Kinder zu sehen, denn 2004 wurde die Sektion um den Jugendfilmwettbewerb „14plus“ ergänzt. Im Lauf der Jahrzehnte wurde das Leitungspersonal mehrfach ausgewechselt, in den Auswahlgremien waren die unterschiedlichsten Schauspieler, Regisseure, Journalisten und Pädagogen vertreten – und doch gibt es mindestens zwei Dinge, die die Geschichte des Kinderfilms und der Berlinale begleiten: Zum einen die Frage, was eigentlich ein Kinderfilm ist, zum anderen die geringe Beteiligung des deutschen Films.

    Gleich in zwei Podiumsgesprächen im Rahmen des Festivals 2012 wurde um die Frage nach dem „guten“ und dem „richtigen“ Kinderfilm gerungen: Der Förderverein Deutscher Kinderfilm stellte sich in Kooperation mit der Deutschen Filmakademie der Frage „Was ist ein guter Kinderfilm“ und die Sektion „Generation“ setzte auf das provozierende Motto „Dies ist kein Kinderfilm“, denn in den Jahren zuvor war die Auswahl der Kinderfilme massiv in die Kritik geraten. Genauso schwer wie die Definition des Begriffs Kinderfilm fällt, ist auch immer die Entscheidung, was Kindern mit einem Film zugemutet werden kann. An Mut hat es in dieser Sektion jedenfalls niemals gemangelt, Ambitionen waren stets gewichtiger als naiv-niedliche Unterhaltung. Und so haben Werke, die sich thematisch und formal mit der Erfahrungswelt von Kindern oder Jugendlichen beschäftigen, einen festen Platz im Programm, auch wenn sie ursprünglich von Filmemachern und Produzenten gar nicht als Kinder- und Jugendfilm gedacht waren.

    Während es mit der Umbenennung in „Generation“ gelungen ist, sich international noch besser als wichtiger Marktplatz für Kinder- und Jugendfilme zu etablieren, hinkt die Entwicklung im eigenen Land noch immer hinterher: Auch im diesjährigen Programm konnte man erneut den Eindruck gewinnen, dass es mit der aktuellen deutschen Kinderfilmproduktion nicht zum Besten steht, denn wie in den Jahren zuvor war kein Beitrag als wettbewerbswürdig befunden worden. Das KinderMedienFestival „Goldener Spatz“ allerdings, das nur dem deutschsprachigen Markt gilt und im Mai 2012 in Gera und Erfurt stattfindet, meldet mit 28 Spielfilm-Einreichungen den bisher stärksten Zuwachs seit der Umstellung auf den jährlichen Turnus. Berlinale-Chef Dieter Kosslick ist es in elf Jahren gelungen, das Festival und „den“ deutschen Film miteinander zu versöhnen, mit der seit 2002 erfolgreichen Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ und einer starken Beteiligung deutscher Filme im Wettbewerb. Nur bei „Generation“ scheint dies nicht zu gelingen: „Die Filme aus der deutschen Kinderfilmindustrie wählen wir selten aus. Wir bekommen sie manchmal zu sehen, manchmal nicht“, bemerkt Maryanne Redpath, Leiterin der Sektion „Generation“ seit 2008. Den Mangel empfindet sie als „schlimm“, aber es gibt immer noch „Berührungsängste“, denn „manchmal ist es so, dass die Produktionen nicht zu uns kommen wollen.“

    Das war nicht immer so: Erstlingswerke von Filmemachern wie Arend Agthe, Jürgen Haase und Wolfgang Tumler, die später die Film- und Fernsehlandschaft mit prägen sollten, erlebten ihre Premiere im Kinderfilmprogramm der Berlinale. Haro Senft, Initiator und Mitunterzeichner des Oberhausener Manifests (1962), der sich bereits früh dem Kinderfilm zuwandte, um Kindern Mut zum eigenen Leben zu machen, verlieh die Berlinale als Zeichen der Verbundenheit die „Berlinale Kamera 2012“. Merkwürdig nur, dass diese Sonderveranstaltung ganz und gar außerhalb der Sektion „Generation“ stattfand und dort auch kein Hinweis darauf gegeben wurde. Hat womöglich auch „Generation“ selbst Berührungsängste mit dem deutschen Kinderfilm?

    Topics: German Film, International Reports | Comments Off on Mut zum eigenen Leben – Berlinale-Sektion “Generation”

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