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Vive le Jury! (V)
By Dorothea Holloway | April 18, 2012
Auch Matthias Glasner konnte bei seinem Wettbewerbsbeitrag Gnade (Mercy) mit wunderbaren Schauspielern arbeiten.
Ingenieur Niels (Jürgen Vogel) hat im norwegischen Hammerfest am Polarmeer, der nördlichsten Stadt Europas, eine gut bezahlte Stellung in einer wichtigen Industrieanlage gefunden, und seine Frau Maria, gelernte Krankenschwester, kann hoch im Norden in einem Sterbehospiz Dienst tun. Zusammen mit dem halbwüchsigen Sohn Markus wollen die Drei einen neuen Lebensentwurf versuchen. (Die Eheleute hatten sich nicht mehr viel zu sagen.)
Die lange Polarnacht – von Ende November bis Ende Januar erreicht die Sonne nicht den Horizont und es herrscht eine magische Dämmerung – hat Kameramann Jakub Bejnarowitz atemberaubend fotografiert.
Nach einer Doppelschicht mit Schwerkranken prallt Maria auf der Heimfahrt mit dem Auto an einen Gegenstand, hält: wir hören nichts, sehen nichts, nur Schnee und Eiswüste in der Dämmerung. Maria fährt weiter. Aber – sie hat ein Mädchen angefahren, das stirbt. Maria stellt sich nicht. Gerade wie Birgit Minichmayr ihre Maria bisher “angelegt” hatte, verstehe ich nicht, dass sie sich nicht zu der Tat bekennt.
Oder ist das gerade die Stärke des Films? Niels jedenfalls, ihm hat sie alles gestanden, steht zu seiner Frau, – während Sohn Markus nur so am Rande in die bedrückenden Geschnisse einbezogen wird. Das wäre in der Lindenstraße nicht passiert. Das ist nicht bösartig gemeint. Ich bin halt Lindenstrassen-Fan, insbesondere ihrer Dramaturgie.
Vielleicht könnte Matthias Glasner einmal versuchen, dass Bundespräsident Joachim Gauck sich Zeit nimmt, um Gnade anzusehen und dann mit uns über Schuld und Sühne zu diskutieren.
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