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Vive le Jury! (Teil VI und Schluss)
By Dorothea Holloway | April 21, 2012
Zum Schluss möche ich nicht unerwähnt lassen, was mir bei den meisten Beiträgen aufgefallen ist: die Kameraführung ist hochprofessionell und dem jeweiligen Film absolut dienend. “Film ist Bild,” sagte Ron immer.
Außer dem Silbernen Bären für die herausragende künstlerische Leistung des Kameramanns Lutz Reitemeier in Bai Lu Yuan (Volksrepublik China 2011) hätte ich noch einige weitere “Kamera-Bären” verleihen mögen. In Bai Lu Yuan, nach dem Historienroman White Dear Plain, gelingt es dem Regisseur Wang Quan’an uns das Schicksal eines Dorfes am Ende des 19. Jahrhunderts – das Kaiserreich geht zu Ende — nahe zu bringen und die Erkenntnis, dass auch der Kommunismus keine Erlösung bringen kann. Wang Quan’an wurde 2007 bei der Berlinale für Tuya’s Hochzeit mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. In KINO – German Film No: 89 von 2007 schrieb Ron u.a.
“Wang Quan’an’s fiction-documentary Tu ya de hun shi (Tuya’s Marriage) (China) was arwarded the Golden Berlinale Bear. Set in rural Mongolia, the film mirrors the plight of nomadic shepherds whose way of life is threatened by government plans to move them to urban shelters … As fiction-documentary, Tuya’s Marriage owes much to German cinematographer Lutz Reitemeier, whose sweeping images of the steppes underscores the integrity of the story…”
Über die Lobende Erwähnung (Sonderpreis) für L’Enfant d’en haut (Sister) der Schweizerin Ursula Meier habe ich mich richtig gefreut. In der “reichen” Schweiz bleibt einem halbwüchsigen Knaben nur das “Stehlen” um mit der Schwester Louise (Lea Seydous, sie spielt in Farewell my queen von Benoit Jacquot die Vorleserin) über die Runden zu kommen. Die Beiden wohnen in einem Skigebiet. Der Junge Simon ist ein Meisterdieb. Er weiss, was Mode ist und kennt die Marken. In den Skihotels der Touristen findet er seine Beute: Zubehör für die Sportler und auch Essbares. So sorgt er für sich und seine Schwester. Der zwölfjährige Simon (ganz großartig: Kacey Mottet Klein) ist seiner Schwester von Herzen zugetan. Er sucht ihre Nähe, möchte mal im Bett ihre Wärme spüren. Er bietet Louise dafür 100 Franken, dann 200 — mir bricht das Herz, das geht unter die Haut. Die bewegende Studie über einen Heranwachsenden wurde von Agnes Godard fotographiert, dafür von mir einen Silbernen Bären. Die 14. Marburger Kameragespräche haben kürzlich Agnes Godard ihren Hauptpreis verliehen, Glückwunsch!
In Tabu von Miguel Gomes, seinem 3. Spielfilm, verleben drei ältere Damen ihren Lebensabend im heutigen Lissabon: Aurora (Laura Soveral), sie verspielte ihr Geld im Casino, ihre treue Dienerin Santa (Isabel Cardoso) und die mildtätige Pilar (Teresa Madruga). Als Aurora gestorben ist, findet Pilar in der Hinterlassenschaft von Aurora einen Brief an einen ehemaligen Liebhaber. Da beginnt eine Art Teil zwei, ein Melodrama um eine Amour fou, die sich vor etwa 50 Jahren in Afrika zwischen der jungen Aurora (Ana Moreira) und ihrem Geliebten Ventura (Carloto Cotta) zutrug. Ein kurzes Glück. Tabu ist ein etwas seltsamer Film, sensibel, eine Liebeserklärung an die Filmkunst; manchmal musste ich an Uncle Boonmee who can recall his past lives von Apichatpong Weerasethakul denken, see KINO – German Film No: 98 von 2010. Miguel Gomes gewann the FIPRESCI Prize and the Albert Bauer Prize for innovation.
Die Berlinale 62 brachte das vielfältige Filmschaffen aus aller Welt an die Spree. Nur noch ein paar Namen: Aus den USA: Jayne Mansfield’s Car von Billy Bob Thornton. Als ich 1969 mit Ron zum ersten Mal in den USA war, habe ich Land und Leute genau so erlebt und gemocht, obwohl ich in Chicago war und nicht auf einer Ranch in Alabama, wo der sowohl heiter unterhaltsame als auch ernsthafte USA-Film spielt (Produktion: Russische Förderation/ USA 2011), mit so großartigen Darstellern wie Robert Duvall und John Hurt. Regisseur Billy Bob Thornton ist auch als fabelhafter Schauspieler mit von der Partie.
Im Forum: Zavtra (Tomorrow) Regie, Buch, Kamera, Schnitt, Produktion von Andrey Gryazev. Auch in einem Film aus Russland wird geklaut. Das Künstlerkollektiv Voina (Krieg) lehnt Geld ab; sie klauen sich Essbares in Supermärkten, und das macht auch noch Spaß.
Spaß macht mir in dieser Dokumentation Zavtra mit zu erleben, wie die russischen Voina-Leute eine Aktion, ein Happening umsichtig organisieren, mit welcher Inbrunst, Genauigkeit und Strategie sich die Kunstrebellen vorbereiten auf das Umkippen eines Autos – eines Polizeiautos! Muss man das Auto nur ordentlich hin-und-herwippen oder doch anheben und dann umwerfen? Wieviel Leute – “Krieger” – braucht man dafür? Alles muss vorher ernsthaft bedacht sein, und das ist nicht unkomisch. Natürlich, eine Kunstaktion muss ordentlich geübt werden, und dann klappt es auch. Ein Polizeiauto liegt auf dem Dach – hurra! – die Räder nach oben, prima!
Doch es gibt auch Mitmenschen, die solche Kunst nicht recht verstehen, und die stecken dann besonders kreative Voina-Aktivisten für einige Zeit ins Gefängnis.
Berlinale 62 hatte in allen Sektionen sehenswerte Filme. (See Report Manfred Hobsch, see Report Mario Schulz.
Just now came from London Sight & Sound – Published monthly by the BFI. I quote from this International Film Magazin:
“Cover Feature: Since leaving his native Finland director Aki Kaurismäki has broadened his canvas with Le Havre, but his deadpan vision remains the same. Michael Brooke talks to him, and surveys his career to date.”
Now I quote myself from KINO – German Film No. 101 (2011):
“I would also have given a Palm to Le Havre by Aki Kaurismäki.”
And in KINO – German Film No. 45 in 1992 Ron Holloway wrote:
“Catch Aki’s latest cult film – La vie de Boheme – at the International Forum of Young Cinema.”
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