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    Versuche mit Heinrich von Kleist

    By Dorothea Holloway | September 19, 2013

    Ron liebte die Strenge von Ingmar Bergman und Andrei Tarkovsky. Wie einfühlsam und klug hätte er über Michael Kohlhaas – “based on Michael Kohlhaas by Heinrich von Kleist” – von Arnaud des Pallieres schreiben können.

    Zumal der grandiose Mads Mikkelsen (in Die Jagd von Thomas Vinterberg) uns den gebrochenen Charakter des Pferdehändlers Kohlhaas so erschütternd nahe bringt. Mads glaubt man die Kleistworte: “Am Hofe teilt man die Menschen ein, wie ehemals die Chemiker die Metalle, nämlich in solche, die sich dehnen und strecken lassen, und in solche, die dies nicht tun. – Die ersten, werden dann fleißig mit dem Hammer der Willkür geklopft, die anderen aber, wie die Halbmetalle, als unbrauchbar verworfen.”

    Was fasziniert an Kleist? Es geht ihm um das Geheimnis der menschlichen Entscheidungen. Wie wird aus dem rechtschaffenen, der “ehrlichen Haut” Kohlhaas, da ihm Unrecht geschieht, solch ein blutiger, brutaler Rächer? Dem Baron hatte er zwei prächtige Pferde geliehen, die der arg misshandeln läßt durch schwere Feldarbeit. Kohlhaas klagt. Da er jedoch auf dem normalen Rechtsweg nichts erreicht, ja, schlimmer, es wird ihm übel mitgespielt, übt er Selbstjustiz. Das Ende ist bitter.

    Die karge Gebirgslandschaft der südfranzösischen Cevennen ist der Schauplatz der Kleist-Novelle, eine französisch-katalanisch-deutsche Produktion. (Selection Officielle, 66. Festival de Cannes). Music: Martin Wheeler und Sound: Jean-Pierre Duret. Melissa Petitjean, Jean Mallet, Margot Testemale lassen die “Kleist-Poesie” hörbar werden, und die “Tarkovsky-Kamera” von Jeanne Lapoirie läßt an die letzten Worte von Kleist denken: “Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war.”

    Im November 1811, erst 34 Jahre alt, hat sich Heinrich von Kleist am Kleinen Wannsee erschossen.

    Aron Lehmann hat für sein Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahrlich wenig Mittel, dafür eine unterhaltsame Idee. Dem Regisseur Lehmann (Robert Gwisdek) wird nach dem ersten Drehtag die Finanzierung gestrichen. Aber Schlapp machen gilt nicht, schon gar nicht, wenn es um Kleist geht! Wenn man sich Pferde nicht leisten kann, muss es eben eine Kuh machen. “Hoch zu Kuh” reitet nun Lehmann “himself” als Michael Kohlhaas in die Schlacht, um der Gerechtigkeit willen.

    Der vorgesehene Schauspieler hat abgesagt. Aus einem richtig großem Epos nach und für Heinrich von Kleist wird eine tragische, komische No-Budget-Farce mit tieferer Bedeutung. Nach Kleists Der Zerbrochene Krug: Humor und Tragik liegen gefährlich eng beieinander.

    Volker Schlöndorff hat 1968 auch einen Michael Kohlhaas nach Heinrich von Kleist gedreht. Ich habe den Film nie gesehen. Die 68er waren eine aufregende Epoche, eine richtige Zeit für einen “Kleist-Film”.

    Helma Sanders-Brahms drehte – Buch und Regie – 1976 Heinrich. Production: Regina Ziegler, Photography: Thomas Mauch. Musik: J. S. Bach, W. A. Mozart, L. v. Beethoven. Cast: Heinrich Giskes (Heinrich von Kleist). 135 min, 35 mm, Farbe. Aus KINO – German Film No. 2 (Spring 1980):

    Produced to coincide with the 100th birthday of Prussian poet and dramatist Heinrich von Kleist (b. 1777), Helma Sanders-Brahms’s Heinrich attempted to go beyond the polish of a literary spectacle to portray the inner agonies of the writer as well. She filmed in Berlin (East and West), Paris, and Switzerland, tracing the psychological and historical reasons for Kleist’s eventual suicide shortly after penning Prince Friedrich von Homburg (1810). German Film Prize, Gold Shell, 1977.

    Topics: Film Reviews, German Film, International Reports | Comments Off on Versuche mit Heinrich von Kleist

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