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Berlinale Wettbewerb: Jack
By Doreen Butze | February 11, 2014
Der erste Film im regulären Wettbewerb bot auch gleich die erste Überraschung – Ivo Pietzcker in der Rolle des Jack im gleichnamigen Film von Edward Berger.
Jack (Ivo Pietzcker) ist 10 und für sein Alter schon sehr selbstständig: er schmeißt den Haushalt und passt auf seinen kleinen Bruder Manuel (Georg Arms) auf. Seine Mutter Sanna (Luise Heyer) kümmert sich liebevoll um ihre beiden Kinder. Sie ist aber zu sehr mit sich selbst beschäftigt, so das Jack und Manuel sich oft allein überlassen sind. Die Konsequenz daraus: Jack muss ins Heim. Am letzten Schultag, Jack freut sich auf die Ferien bei seiner Mutter, vertröstet sie ihn. Nach einer Streiterei mit Danilo, beschließt Jack sich allein auf den Weg nach Hause zu machen. Tagelang irrt er mit Manuel umher…
Regisseur Edward Berger ist mit Jack ein wirklich guter Wettbewerbsbeitrag gelungen. Hauptdarsteller Ivo Pietzcker überzeugt von der ersten bis zur letzten Sekunde in seiner Rolle des vernachlässigten Jungen Jack. Wir leiden mit ihm wenn er kopflos durch den Wald rennt, als er Danilo mit einem Knüppel niederschlägt oder wenn Sanna seine Vorfreude auf zu Hause durch die Nachricht, dass sie ihn nicht abholen wird zerstört.
Bemerkenswert dabei ist, dass die ganze Geschichte ausschließlich aus Jack’s Perspektive erzählt wird. Die großartige Kameraarbeit von Jens Harant trägt dazu bei, dass der Zuschauer in die Welt des Jungen eintaucht um ihn und sein Handeln zu verstehen. Die Kamera verfolgt Jack, verharrt auf seiner Körpergröße. Oft geschied dies in Plansequenzen, um noch einen intensiveren Eindruck zu vermitteln. So erlebt der Zuschauer die Erwachsenen meist als gesichtslos, erst wenn sie sich zu Jack hinunterbücken, werden sie sozusagen »vollständig« wahrgenommen. Oft erscheinen die Menschen um Jack gefühlskalt und distanziert, keiner scheint wirklich Anteil an Jacks Leben nehmen zu wollen.
Auch auch Teil von Sanna ist gefühlskalt und distanziert zu ihren Kindern, dann wenn sie sich auf die Suche nach der großen Liebe für sich selbst begibt. Sie vergisst ihre Kinder, ist total selbstzentriert und bleibt tagelang weg, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Andererseits ist sie liebevoll und fürsorglich, wenn sie Zeit für Jack und Manuel findet. Damit umschifft der Film geschickt das Klischee, dass Mütter, die ihre Kinder vernachlässigen, immer komplett lieblos sein müssen.
Ab und zu erinnert Jack an Jean-Pierre und Luc Dardennes Der Junge mit dem Fahrrad auf. Angefangen von der musischen Untermalung bis hin zur leisen, beobachtenden Erzählweise, die von der bedingungslosen Liebe eines vernachlässigen Jungen zu seiner Mutter handelt. Das ist stellenweise bitter und lässt manchmal auch den Zuschauer verzweifeln.
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