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Bilderwelten vom Großen Krieg 1914 – 1918
By Dorothea Holloway | September 10, 2014
Aus der Schweiz / Von den Fronten / Aus dem Herzen Filme von Heinz Bütler und Alexander Kluge
“1914” – vor 100 Jahren begann das Inferno des Ersten Weltkrieges. Es scheint erst jetzt richtig ins Geschichtbewusstsein zu gelangen: Filme – Abhandlungen – Ausstellungen – Kluge und Bütler haben mit Bilderwelten einen so wichtigen und großartigen Film geschaffen über den ich nicht nur einmal berichten möchte, obwohl ich weiß, dass ich überfordert bin.
Einen so wichtigen Film habe ich noch nie gesehen, und mein Lehrmeister ist tot. 18 Episoden hat die DVD, die u. a. Postkarten zeigt, die von Soldaten gemacht wurden, die 1914 auf “Grenzwacht” waren. Um ein Lebenszeichen nach Hause zu schicken, photographierten sich die Soldaten und grüßten die Lieben zu Hause: “Mein lieber Vater … schreib wenn die Kirschen reif sind, komme dann nach Hause.”
Im August 1914 marschierten die deutschen Soldaten der 5. Armee nach Westen durch die Ardennen und waren sicher, sie würden Weihnachten wieder zu Hause unter dem Tannenbaum sitzen. 9 Millionen Soldaten starben im 1. Weltkrieg und 7 Millionen Zivilisten. Alexander Kluge setzte mit dem Filmessay Bilderwelten vom Großen Krieg 1914 – 1918 seinem Onkel ein Denkmal, er fiel 1914 in den Ardennen. (Der Bruder meines Vaters ist auch im 1. Weltkrieg gefallen.)
Auf der Rückseite einer Postkarte aus der Fotostiftung Schweiz steht u. a. “Geehrte Familie, …Ich bin auf dem Photo mit meinen Leuten an der Grenze gewesen, haben dort aus einem alten Ofenrohr eine Kanone gemacht, wie Sie sehen. Ich danke Ihnen also nochmals recht herzlich und wünsche Euch Allen recht fröhliche Weihnachten.”
Alexander Kluge und Heinz Bütler gelingt ein erschütterndes Werk aus Dokumenten, Berichten, Fotopostkarten und Erläuterungen, mal höchst wissenschaftlich, mal herzergreifend. Zu den Autoren gehören Professoren der Neueren Geschichte, Forscher, Historiker wie z. B. Christopher Clark, der das viel beachtete Buch schrieb “Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog.” (2013)
Herfried Münkler, eines seiner Bücher heißt Der Große Krieg. Die Welt 1914-1918 (2014), zitiert von Georg Trakl Grodek. Als gelernter Apotheker hatte sich Georg Trakl 1914 bei Krakau in einem Hospital um verwundete Soldaten gekümmert, denen er praktisch gar nicht helfen konnte! Keine Schmerzmittel! Die Soldaten waren bei der Schlacht von Grodek verwundet worden. Georg Trakl nahm sich 1914 das Leben.
(Ich liebe die Trakl-Gedichte, besonders Ein Winterabend.)
Und niemals werde ich die Stimme von Karl Kraus vergessen, der wie ein heiterer Reiseführer die Touristen ermuntert, eine Rundfahrt zu den Schlachtfeldern zu unternehmen. Angekündigt: Unvergessl. Eindrücke.
So bitter und so scharf hat keiner über den Krieg geschrieben: Karl Kraus Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in 5 Akten. Auch gibt es Texte, die ich nie vergessen werde: Robert Walser, Beim Militär, Robert Walser-Stiftung Bern.
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